Weihnachtszeit ist auch Plätzchen- und Kekszeit, und auch von unserer Seite gibt es hierzu dieses Jahr einen kleinen Beitrag in zwei Teilen.
Der erste davon ist metaphorisch zu verstehen, handelt es sich doch um eine geschnittene und von den Autoren Eevie Demirtel und Marco Findeisen kommentierte Szene aus Khunchomer Pfeffer 2 – Tod auf dem Mhanadi.
Der zweite hingegen ist wörtlich zu verstehen und enthält eine aventurisierte Fassung eines Rezepts von Pfeffer-Schokokeksen, das wir einem geheimen Brief eines Belhankaner Zuckerbäckers an einen Festumer Zunftkollegen entnommen haben. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen, Ausprobieren und Naschen.
1. Khunchomer Pfefferplätzchen oder: Fußballfandom in „Tod auf dem Mhanadi“
Eine kleine Anekdotensammlung zu Khunchomer Pfeffer – Tod auf dem Mhanadi. Von Eevie Demirtel, mit herzlichem Dank an Marco Findeisen
Geschnittene Szenen
Beim Schreiben ist es ähnlich wie beim Nachwürzen: Würzt man zu stark, kann es das Endprodukt nachhaltig ungenießbar machen. Es gibt Momente, da bekomme ich beim Lesen Zahnschmerzen, so als habe ich zu viel türkischen Honig auf einmal gegessen. Beim bloßen Hinsehen zieht es schon, und weil ich nicht widerstehen kann, wird es auch beim Reinbeißen keinen Deut besser. Eine von Marco vorgeschlagene Szene für Tod auf dem Mhanadi war genau so: zu süß, zu pappig, und mit großem Eevie-schlägt-den-Kopf-gegen-die-Tischplatte-Potenzial. Vielleicht bin ich überempfindlich, humorlos, eine echte Spaßbremse. Aber so sehr ich auch schimpfe: Tatsächlich bereue ich heute in manch ruhiger Minute, damals nicht auf Marco gehört zu haben. Aber am besten, ihr bildet euch selbst ein Urteil.
Deutschlands Vorbereitungen auf die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien haben Erinnerungen an eine Szene wachgerufen, die als kleine Hommage an die Fanmeilen dieser Welt gedacht war, die aber letztlich aus obigen Gründen nicht im Manuskript stehengeblieben ist. Weil sie mir Zahnschmerzen bereitet hat. Im Nandurion-Adventskalender wird jetzt endlich ausgepackt, denn wir haben uns breitschlagen lassen, die Konzeptionsszene zu veröffentlichen. Hier erfahrt ihr, was es nicht in Tod auf dem Mhanadi geschafft hat.
Wir erinnern uns an die Szene zurück, in der Deniz und Kasim das Schildkrötenrennen in der Arena verfolgen:
»In den Gesichtern der Menge spiegelten sich Anspannung und Zorn wider. Viele hielten kleine Wettscheine aus Reispapier umklammert, und alle feuerten lautstark ihren Favoriten an. Ab und an flogen leere Krüge oder Essensreste erboster Zuschauer auf die Bahn und zwangen die Kinder dazu, kurzzeitig von ihrem Tier abzulassen und in Deckung zu springen.
Deniz hielt sich die Ohren zu, als unmittelbar neben ihm ein dicker Gharbistani mit verschwitztem Hemd und einem überschäumenden Bierkrug in der Hand mit kindlicher Begeisterung eine riesige Rassel schwang.«
(Tod auf dem Mhanadi, Auszug mit freundlicher Genehmigung von Ulisses Spiele)
So steht es geschrieben, die ursprüngliche Szene las sich jedoch ein wenig anders. Hier hatte der Mittelreicher ein Instrument bei sich, das jedem, der die Fußball-WM in Afrika erlebt hat, leidlich bekannt sein dürfte: die Vuvuzela. Mit Schrecken erinnerte ich mich an die Plastiktröten zurück, die mir 2010 meinen letzten Hörsturz eingebracht hatten. Und Marco hatte doch ganz offenbar felsenfest vor, sie in Aventurien einzuführen.
Die Herleitung, der er sich bedient hat, war allerdings so vergnüglich, dass ich sie euch nicht länger vorenthalten will. Marco schrieb in einem Konzeptpapier:
Ach ja, und besonders nervtötend könnte dieser Tage ein mohisches Blasinstrument sein, das seinen Weg über den Sklavenhandel nach Khunchom gefunden hat und ursprünglich von den Waldmenschen bei der Treibjagd eingesetzt wurde. Den Khunchomern dient die Wudu-Ze-La (Waldmensch-gibt-Laut) hingegen als Instrument zum Ausdrücken ihrer großen Freude.
-> Idee: Das Instrument taucht immer wieder auf. Besonders Kasim beklagt sich über den Lärm. „Das klingt wie ein Elefant mit Darmwinden!“ An jeder Ecke lauern Straßenhändler, die beteuern, das sei der letzte Schrei aus Al’Anfa („Ja, schreien muss man bei dem Krach!“) und aus der Gladiatorenarena quasi nicht mehr wegzudenken. Im späteren Verlauf heißt es dann von einem Südländer: „Ich hab gehört, der Patriarch hat die Dinger bei Androhung der Todesstrafe schon wieder verboten. Angeblich, weil sie die boronheilige Ruhe im Moment des Todes störten. Wenn ihr mich fragt, der hat den Krach selbst nicht mehr ertragen!“
Die Szene selbst machte bis zum fertigen Manuskript noch einige Wandlungen durch. Aber auch die etwas abgespeckte Version hat es aufgrund wacher Testleseraugen nicht ins fertige Buch geschafft:
Deniz hielt sich die Ohren zu, als unmittelbar neben ihm ein dicker Gharbistani mit verschwitztem Hemd und einem überschäumenden Bierkrug in der Hand in einen länglichen Holztrichter blies und sich über das merkwürdige Geräusch freute, das vorne herauskam. Nahezu jeder dritte besaß so ein Instrument und durch die schiere Masse der Freizeitmusikanten summte und vibrierte die Arena wie ein Bienenstock.
[…]
Zornig wandte sich Kasim zum Gehen. »Rastullah verfluche diese alanfanischen Wudu-Ze-Las!«
Deniz schmunzelte. »Ich hörte, aus der Gladiatorenarena dort sind sie nicht mehr wegzudenken«, neckte er.
»Ach«, schimpfte Kasim, als sie den Weg nach Süden einschlugen. »Man muss ja nicht alles übernehmen, was durch den Sklavenhandel zu uns gelangt. Anstelle des Patriarchen hätte ich längst ein Stadionverbot erlassen. Die klingen doch wie ein Elefant mit Darmwinden! Glaub mir, Deniz, das wird sich niemals durchsetzen.«
In der finalen Version von Tod auf dem Mhanadi ist lediglich der bierschwenkende Mittelländer als Verkörperung des europäischen Fußballfans erhalten geblieben. Entscheidet selbst, ob euch die Wudu-Ze-La eine Schippe zu viel des Guten ist oder nicht. Ich freue mich trotz wahnsinnigem Lärm schon sehr auf die Fußball-WM.
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Frohes Vorglühen und eine schöne Adventszeit,
Eure Eevie
PS. Und für alle, die einfach nicht genug bekommen können, hier noch der ebenfalls gekürzte Glossareintrag:
Wudu-Ze-La: moh. Waldmensch-gibt-Laut. Trichterförmiges Blasinstrument der Waldmenschen. Ursprünglich zur Treibjagd verwendet, durch den Sklavenhandel heute jedoch auch zunehmend von Hellhäutigen zur akustischen Unterstützung in Arenen und auf großen Plätzen zweckentfremdet. Wegen seiner als unangenehm empfundenen Lautstärke auch gerne Fluch des Bal Honak genannt, aus dessen Arena sie heute kaum mehr wegzudenken ist.
2. Belhankaner Schokoladenplätzchen mit Khunchomer Pfeffer
Yasserio Radomer an Leubert Traubenwein.
Teuerster Freund,
gerne komme ich Deiner Anfrage nach und verrate Dir – privatim und mit der Bitte um Verschwiegenheit – meine neueste Kreation, die ich zurzeit angesichts der wie Pilze aus dem Boden schießenden Schwarztrunkhäuser besser an den Mann bringen kann als alles je zuvor Erdachte! Dabei ist der Grundgedanke an Einfachheit kaum zu überbieten – ich habe lediglich unser seit Jahrzehnten bewährtes Rezept für Radomer Tschokoladkekse Spezial durch eine kleine, aber feine Ergänzung variiert, die mir jüngst im Zuge meines abenteuerlichen Besuchs der Perle am Mhanadi in den Sinn kam. Ich sage Dir zwar, mein Bester, unsere Profession taugt nicht wirklich zum Glücksritter, aber dennoch bereue ich die im Anflug von Wagemut getätigte Reise ans andere Ende des Kontinents keineswegs, kam ich dort doch erstmals in Kontakt mit original Khunchomer Pfeffer, der soviel schärfer, besser und zudem auch noch süßlicher ist als all das Zeug, dass sie uns unter diesem Namen schon seit Jahr und Tag in Belhanka andrehen. Eine Prise davon den bekannten Zutaten hinzugefügt – und eine Sinfonie für den Gaumen entsteht! Damit Du siehst, dass ich Dir nicht zu viel verspreche, erlaube ich mir, Dir anbei die Rezeptur zu übersenden, in dem festen Glauben daran, dass sie Deine vertrauenswürdigen Hände nicht verlässt und bestenfalls Eingang in die Auslage Deines Geschäfts findet, dem ich weiterhin bestes Gelingen wünsche.
Mögen Simia, Travia und Rahja Dir und Deinen Kreationen weiterhin wohlgesonnen sein!
Dein Yasserio
Postscriptum: Ich hoffe, Du siehst es mir nach, dass ich Dich noch einmal an das Rezept für den Original Festumer Birnenturm erinnere, den ich meinen Gästen in Bälde gerne servieren würde.
Zutaten für 80-100 Stück
7 Unzen feinstes weiches Streichfett
12 Unzen Zucker (maraskanischer Rohrzucker oder nach Vinsalter Manier [1]
1 großzügige Prise Salz [2]
2 frische Eier
2 Prisen Khunchomer Pfeffer, fein gemahlen [3]
1 kleinen Löffel fein gemahlen Benbukkel [4]
1 Messerspitze Muskatnuss von den Südinseln, ebenfalls gemahlen
1 Prise zerkleinerte Gewürznelke, am besten fein gemahlen [5]
16 Unzen Mehl
4 Unzen gemahlene Kakaobohnen [6]
Zum Verzieren: Schokolade nach Bedarf, ggf. Festumer Staubzucker nach Bedarf und der Saft einer Citrone für Zuckerguss.
Zubereitung
Zuvorderst die weiche Butter solange kräftig rühren, bis sich kleine Spitzen bilden. Dann Zucker, Salz und Eier beimischen und weiterhin kräftig rühren, bis die Mischung hell geworden ist. Nun die Gewürze hinzugeben. Der fein gemahlene Kakao und das Mehl werden miteinander vermischt, vorsichtig hinzugesiebt und daraufhin verrührt. Die Masse wird nun zu einem Teig zusammengefügt, vorsichtig in ein Tuch [7] eingehüllt und dann für den Lauf einer Stunde kühl gelagert.
Nun beginnen wir mit der Formung der Kekse. Hierzu rollen wir den Teig auf einer dünnen Schicht von Mehl aus, wobei er etwas dicker als einen Viertel-Finger geraten sollte [8]. Nun können Kekse in allen nur erdenkbaren Formen ausgestochen werden. Noch einmal den dritten Teil einer Stunde kühl lagern und dann im vorgeheizten Ofen bei fast voller Stärke [9]. in der Mitte des Ofens etwa den sechsten Teil einer Stunde backen [10].
Wenn die Kekse fertig gebacken und abgekühlt sind, schmelzen wir die Schokoladenstücke in einem Topf, den wir in heißes Wasser stellen, und bestreichen die Kekse damit nach Belieben. Wer möchte, kann die fertigen Kekse auch noch mit etwas Festumer Staubzucker oder – für ganz Mutige – mit zusätzlichem Khunchomer Pfeffer bestäuben. In diesem Fall empfiehlt es sich aber, zum Genuss sicherheitshalber einen großen Humpen frischer Milch zu reichen. Ergänzend hierzu kann auch aus Festumer Staubzucker, der in den Saft einer gepressten Citrone eingerührt wird, ein leckerer Zuckerguss angerührt werden, mit dem sich weitere Verzierungen vornehmen lassen. Ich bevorzuge zur kalten Jahreszeit beispielsweise eine phexgefällige Ausstechung mit weiß verzierten Pfoten.
Irdische Erläuterungen
Pingback: Das Türchen 16: Musikalisches und kulinarisches aus Khunchom | Nandurion
Ich danke Eevies Bauch…ähm…Zahngefühl – so eine WM-Vuvuzela-Anleihe würde ich nicht gerne in nem DSA-Roman finden.
*gestellt sich mal zum Reigen der Spaßbremsen dazu*
Dagegen! Bzw. dafür. Ich hätte die Wuduzelas gerne in KP 2 gesehen. Aber ich mag auch Pôlberra, Heyabeth und Galottasaray Yol-Ghurmak 🙂
Hallo,
ich finde es auch schade, dass ihr da nicht mehr Mut bewiesen habt – genau von so „versteckten“ Anekdoten lebt doch DSA! Das macht DSA doch schon seit den Anfängen so unverwechselbar!
Wirklich schade – obschon ich beide Romane auch so zu den Besten überhaupt zähle.
Ich hoffe, da kommt auch noch ein Khunchomer Pfeffer III
Schönes irdisches Rezept. Jetzt müsste man nur noch die aventurischen Preise für die Zutaten wissen, denn so bleibt es nur eine schöne aventurische Rezept-Idee.
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